Kenji und Bee
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Mark Twain war ein weiser Mann!

Twenty years from now you will be more disappointed by things you didn’t do than by the ones you did. – 

Auf deutsch gesagt und frei übersetzt, in 20 Jahren wirst du Dinge, die du nicht getan hast, mehr bereuen als Dinge, die du getan hast. Hat schon Mark Twain gesagt …

Das genau bringt es auf den Punkt. Vor 6 Monaten und 10 Tagen sind wir aus unserem Haus raus und in den Wohnwagen eingezogen. Und bis jetzt haben wir noch keine Minute bereut. Und sind auch noch nicht geschieden, alle noch gesund und munter, sind uns nicht an die Gurgel gegangen 🙂

Waren wir nervös vorher, während und kurz nach diesem Schritt? Na klar! Natürlich konnten wir es kaum erwarten, aber gleichzeitig haben wir uns (wie vermutlich viele in unserer Familie und in unserem Freundes- und Bekanntenkreis) mindestens genauso oft gefragt, ob wir eigentlich noch ganz bei Trost sind.

Zurück blickend waren die letzten Monate ein ‘nach Hause kommen’, ein ‘Entspannen’, ein ‘Runter kommen’. Ein Bewusstwerden darüber, wieviel oder wie wenig man eigentlich braucht, um a) durch den Tag zu kommen, aber auch b) über die Runden zu kommen. Wir haben diesen Prozess noch lange nicht abgeschlossen; ich bin mir sicher, wir sind noch ganz am Anfang dieser inneren, mentalen Reise. Aber es ist befriedigend zu wissen, dass man eben nicht mehr hinter allem her hechten muss, nur weil ‘es sich so gehört’, weil ‘das jeder macht oder man das eben so macht’, weil man ‘Rechnungen bezahlen und Verpflichtungen zu bedienen hat’ und so weiter – und es einfach nicht das war, was einen glücklich machte. Das Wissen, dass man das, was man verdient, eben nicht gleich wieder in irgendwelche festgelegten Verpflichtungen investieren muss, die Eigentum oder Miete in den allermeisten Fällen eben mit sich bringen, sorgt für enorme Entspannung, sobald einem das wirklich bewusst wird. Was allerdings auch ein bisschen dauern kann … (Wenn man reich geerbt, einen brutal gut bezahlten Job oder im Lotto gewonnen hat- sind solche Verpflichtungen natürlich nicht sonderlich ernst zu nehmen, solange man nicht über seine Kosten lebt, aber wer kann das als ‘Normalbürger’ schon von sich sagen?).

Aber inzwischen haben wir es realisiert, unser Denken hat sich entspannt. Wenn wir nun irgendwo Stellplatzgebühren zahlen, wissen wir, dass wir damit Strom und Wasser bezahlt haben (falls wir nicht irgendwo ohne diese Anschlüsse, dafür dann noch preiswerter oder gar kostenlos parken), dass die einzigen Rechnungen, die regelmäßig rein kommen, die Versicherungen und Steuern für Auto und Wohnwagen sind, sowie die Handyrechnungen. Und das wars! Keine Miete, keine Nebenkosten, keine Hauskredite oder sonstiges. Wir geben für das tägliche Leben nur das aus, was wir direkt verdienen. Hätten wir das Haus behalten, was ja viele als logisch empfunden hätten, dann wäre da noch diese Doppelbelastung gewesen. Denn einfach vermieten, damit ist es ja nicht getan. Man ist zumindest hier als Vermieter auch für Reparturarbeiten zuständig, die Hausverwaltung muss bezahlt werden, die Grundgebühren und Nebenkosten sowie der Kredit müssten weiter bezahlt werden. Man braucht nicht schön färben oder Augen wischen. Die Kosten sind halt da und wollen bedient werden. Das wollten wir nicht. Und auch wenn wir super nette Nachbarn hatten, waren wir uns von Anfang an sicher, dass wir nach unserem Big Lap (also dem grossen Australien-Abenteuer, der grossen Runde), wann immer der auch zu Ende sein wird, in einer anderen Gegend sesshaft werden wollen.

Um auf das Wort VERDIENEN zurück zu kommen, das ist hier das Zauberwort. Nein, wir sind nicht in einen Dauerurlaub gestartet. Wir fassen unser Sparkonto nicht an, um unsere Alltagskosten zu decken. Wir verdienen noch immer unseren Lebensunterhalt, wir arbeiten weiter. Aber eben nicht mehr so extrem verbissen, um uns einen gewissen ‘Standard’ leisten zu können, nur weil sich das eben so gehört. Unser Standard ist nun ein wesentlich entspannterer als vorher. Wir sind nach Australien umgezogen, weil wir – damals vor fast 14 Jahren noch nicht viel über das Leben in Australien wissend – dachten, dass wir hier etwas entspannter an alles heran gehen können. Der australische Lifestyle war/ist ja so viel entspannter. Hm, ja und nein. Kommt immer darauf an. Fakt ist, arbeiten muss man hier genauso viel, um über die Runden zu kommen, wie man das z.b. in Deutschland muss. Die Verpflichtungen im Alltag sind hier ganz genau die selben. Der einzige Unterschied ist das, was man dann in der freien Zeit so machen kann. Das liegt natürlich in erster Linie am Wetter (wenn es nicht gerade wie derzeit hier an der Ostküste seit MONATEN regnet.). Klar kommt es auch immer drauf an, wo man denn gerade wohnt. Aber es bleibt trotzdem ein ‘rat race’, ein Hamsterrad, wenn man noch nicht in Rente gegangen ist. Wir sind jetzt Mitte 50 … und haben entschieden, dass wir NICHT warten, bis wir Rentner sind, um dieses riesige Land zu erkunden, wie wir es wollen. Noch sind wir fit, noch sind wir gesund. Entweder jetzt oder nie. Now or never!

Nun ist also schon mehr als ein halbes Jahr für uns als Nomaden rum. Wie weit sind wir auf der Landkarte vorang gekommen? Lacht jetzt bitte nicht: wir sind immer noch ziemlich nahe der Umgebung, in der wir uns seit dem Umzug nach Australien aufgehalten haben. Nördlich von Brisbane, am südlichen Ende der Sunshine Coast, im Hinterland. Das ist allerdings nicht allein unsere Schuld, sondern – frei nach dem Motto ‘Man muss die Schuld auch mal bei anderen suchen’ – liegt daran, dass Simon noch bis Anfang März in seinem Job weiter gearbeitet hatte. Dazu kommt, dass im Februar unser Enkelsohn erwartet wurde (der Kleine wächst wirklich viel zu schnell) und die jungen Eltern Anfang Juni den Bund der Ehe schliessen. Da wollen wir dann natürlich auch dabei sein. Und da zu dieser Hochzeit auch Besuch aus Deutschland kommt (genauer gesagt unter anderem auch Schwiegermama), werden wir dann im Juni noch an der Ostküste verweilen und mit besagter Schwiegermama ein paar Ausflüge machen, je nach Wetterlage entscheiden wir die Richtung und die Ziele.

Wir können also sagen, dass unser ECHTES Nomadenleben, so, wie man sich das vorstellt, ab Juli beginnt. Dann werden wir gen Westen ziehen, ins Outback. Ob das so eine gute Entscheidung war, diese Richtung ausgerechnet im australischen Winter einzuschlagen, werden wir dann feststellen. Wir sind genauso gespannt wie Ihr.

In einer Woche verlassen wir unseren Standplatz hier im Kookaburra Park bei Kenilworth, wo wir seit Ende März geparkt haben, gearbeitet haben, und von den Parkbesitzern und Angestellten so liebevoll in das Team aufgenommen wurden. Wir hatten hier eine tolle Zeit, werden es sehr vermissen, morgens beim Aufstehen von Rehen und Vögeln begrüsst zu werden … wissen aber, dass wir jederzeit herzlich willkommen sind. Wer weiss, vielleicht kehren wir ja bald mal wieder für eine Weile hier ein, wenn helfende Hände gebraucht werden.

 

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